Konzert des Männerchors unter dem Motto „Sonne und Mond“

Dass sich zwei Männerchöre mit rund 50 Sängern auf einer Bühne zu einem „mächtigen Klangkörper“ vereinen, hat heutzutage schon einen gewissen Seltenheitswert und bedarf meist eines besonderen Anlasses. Der Anlass für das gelungene und abwechslungsreiche Chorkonzert, das am Samstagabend auf Einladung des Gesangvereins Liederkranz Ötigheim 1899 in der voll besetzten Mehrzweckhalle die Menschen begeisterte, war die Premiere, die der musikalische Gesamtleiter Matthias Hammerschmitt dort feiern durfte. Der Dirigent, der sowohl den Männerchor des Ötigheimer Liederkranzes als auch den Männerchor des Gesangvereins Busenbach leitet, meisterte das erste gemeinsame Konzert der beiden Chöre mit überwältigendem Erfolg. Abgesehen davon zeigte der Mann am schwarzen Klavier vollen Körpereinsatz. Als große Bereicherung der zweieinhalbstündigen Veranstaltung erwiesen sich die beiden Solisten Jay Alexander (Tenor) und Friedemann Röhlig (Bass), die sich spontan dazu bereiterklärt hatten, am „Ost-Konzert“ mitzuwirken. Unter dem Titel „Sonne und Mond“ erlebten rund 300 Zuhörer ein von Ulrike Weßbecher mit Charme, Esprit und Poesie moderiertes Konzert mit hervorragend ausgewählten Perlen der Chor- und Volkslied-Literatur aus Osteuropa, das keine Wünsche offen ließ. Die Sänger, hinter denen zum Programm passende Bilder auf einer Videowand zu sehen waren, standen nicht auf der Mehrzweckhallen-Bühne, sondern auf einem Podest vor der Bühne und waren somit viel näher dran am Publikum. Sie überzeugten durch Präzision, Textverständlichkeit, saubere Intonation und Gefühl.
Nachdem Liederkranz-Präsidiumssprecher Kurt Rastetter die Gäste begrüßt hatte, standen im ersten Teil romantische Lieder von Janacek, Smetana, Dvorak und Mussorgski auf dem Programm. Die Chöre starteten schwungvoll mit Smetanas „Musik“, ließen Mussorgskys „Sonne und Mond“ und Janceks „Die wahre Liebe“ folgen. Die Busenbacher servierten ein „Kränzlein aus Majoran“ aus Dvoraks fünf Liedern für Männerchor. Hinreißend, mit strahlend klarer Tenorstimme sang Jay Alexander die Arie des Lenski aus Tschaikowskis Oper „Eugen Onegin“, bevor Friedemann Röhlig auf Russisch, mit kraftvollem, volltönendem Bass aus derselben Oper die Arie des Gremin schmetterte und Alexander mit der Lehar-Arie des Zarewitsch (Wolgalied) verzauberte. Mit zwei Liebesliedern und einem lustigen „Spatz und Eule“ von Dvorak ging’s in die Pause, aus der die Sänger mit dem aus voller Brust geschmetterten „Bierchor“ aus Smetanas Oper „Die verkaufte Braut“ zurückkehrten. Acht heitere, sehr innig und teils in der Landessprache vorgetragene Volkslieder aus Russland, Bulgarien, Serbien, Dalmatien und Kroatien folgten. Auch die beiden Solisten durften noch einmal ran. Beide sangen nicht nur, sondern spielten, ja (be)lebten ihre „Rollen“ mit prägnanter Mimik, grandioser Gestik und szenischem Witz. Vor allem und besonders deutlich bei ihrem köstlichen Duett Kecal (Röhlig)/Hans (Alexander) aus Smetanas Oper „Die verkaufte Braut“. Aber auch in Jay Alexanders Arie des Hans aus derselben Oper oder seiner Arie des Barinkay aus der Strauss-Operette „Der Zigeunerbaron“. Hier begab sich der smarte Tenor „Als flotter Geist“ ins Publikum und animiert dieses zum Mitsingen des Refrains, während Röhlig kurz darauf im Zigeunerbaron-Lied des Zsupan mit tiefem Brummbass und rustikaler Körpersprache bekannte: „Ja, das Schreiben und das Lesen sind nie mein Fach gewesen. Mein Lebenszweck ist Borstenvieh und Schweinespeck.“ Fast hätte man es ihm geglaubt …
– Ralf Joachim Kraft